Neil
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Hi,
man sieht immer wieder das Kohle-Aramid Mischgewebe verbaut werden. Ich verstehe noch nicht ganz die Funktion die da erzielt werden soll. Es ist so, das Kohle gegenüber Aramid viel steifer ist. Aramid ist sehr gut dehnbar im Vergleich zu Kohle. Okay, Tubular Nylon ist noch elastischer. Diese Differenz in der Dehnbarkeit führt dazu, das von der angesetzten Kraft (Zugspannung) der größte Teil von der Kohlefaser getragen wird. Erst wenn die sich genügend gedehnt hat, wird die Aramidfaser beansprucht. Das kann im Extremfall dazu führen, das die Kohlefaser versagt bevor das Armid erst zum Einsatz kommt. Warum also dieses Mischgewebe?
Gruß
Neil
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Felix N
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Hm.. Ich denke die Kohle ist für die Festigkeit und dass Aramid für die Schlagzähe zuständig.
Gruß Felix
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Andi Wirth
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Ich verstehe es bisher auch nicht. Aramidgewebe haben - immer aus meinem Verständnis heraus - sehr wohl einen Sinn, wenn es um Schlagzähigkeit des Laminates geht, z.B. bei Sitzschalen in Segelflugzeugen oder bei Helmen und Schusssicheren Westen - also dort, wo das Material eine hohe Energie aufnehmen soll. Könnte es ev. darum gehen, dass das Aramid eine Art "Backup" zur Kohle bildet? Wie Neil richtig schreibt, nimmt ja das Kevlar erst dann ernsthaft Kraft auf, wenn die Kohlefaser schon gerissen sind. Nebenbei: Der Grund, warum es absolut keinen Sinn macht, Kohlerowings in eine Holztragfläche als Holmverstärkung einzulegen, ist der oben stehende. Kohlefasern haben eine so geringe Bruchdehnung, dass sie die gesamte Last aufnehmen, bevor alles drum herum mitträgt (Reihenuntersuchungen in Perseke, Franz - Das Segelflugmodell, Bd. 3). Die Folge ist, dass der Kohleholm so stark dimensioniert werden muss, dass er alle erdenklichen Kräfte aufnimmt und alle anderen tragenden Teile weggelassen werden können. Also nix mit Verstärkung - entweder alles oder nichts. Gruss Andi
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Reinhard
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Hi,
Der Backup-Gedanke erscheint mir plausibel. Das Kevlar könnte helfen, dass sich lokale Schädigungen der tragenden Struktur, nicht weiter fortpflanzen (ähnlich der Plastikfolie im Sicherheitsglas). Wobei sich hier die Frage stellt, ob nicht eine Voll-CFK Konstruktion gleichen Gewichtes, den Schaden überhaupt erlitten hätte.
Gruß Reinhard
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Andi Wirth
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Genau ...
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Achim
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Meines Wissens soll die Aramidfaser primär gar keine Kräfte aufnehmen, sondern im Falle eines Falles verhindern, dass geborstene Kohlestrukturen in der Gegend rumfliegen. Die Aramidfaser hält das Bauteil auch bei zerstörung beisammen.
Gruß, Achim
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Stefan Wimmer
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Moderator
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Achim trifft den Nagel auf den Kopf.
Deshalb nehmen ich das Mischgewebe gerne zur Verstärkung von Rohren. Wenn's dann doch mal kracht, hält das Ganze wenigstens noch weiterhin soweit zusammen, daß nicht der Fallschirm mit dem Rumpffetzen an dem er befestigt war gemächlich in der Thermik davonsegelt während der Rest der Rakete den ballistischen Abgang macht...
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Jan Trnka
Raketenbauer
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Nur Kohlefaser = hohe Steifigkeit, geringe Bruchfestigkeit (Nimmt nur kleine Deformationsenergie auf, bevor es bricht. )
Nur Aramidfaser = hohe Bruchfestigkeit, Schlagzähigkeit, kleinere Steifigkeit - ist mehr elastisch. (Nimmt kontinuerlich Deformationsenergie auf, bricht praktisch nie)
Hybridgebwebe Kohlefaser / Aramid = Kombination von beidem, nicht so steif wie CFK pur, aber deutlich zäher. Zuerst wird die Deformationsenergie durch die Aramidfaser absorbiert. Die Kohlefaser brechen nicht sofort, sondern erst ab einer gewissen Verformung. Nach dem Bruch fällt das Stück nicht auseinander. Der Sinn der Aramidfasern im Hybridgewebe ist möglichst grosse Enerige aufzunehmen bevor es zum Bruch der Kohlefaser kommt.
Wichtig: Immer darauf achten aus welchem Material der Schuss und Kette sind. Gewebe im Winkel von 45Grad zur Anwendung anlegen. Sonst sind die Eigenschaften von der Richtung der jeweiligen Fasern abhängig und unterschiedlich.
/Jan
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